Woher kommt der Begriff Mohr?
Wussten Sie, dass der Begriff „Mohr“ im deutschen Sprachgebrauch seit mehr als 500 Jahren existiert und ursprünglich aus dem Lateinischen und Griechischen stammt? Dabei bedeutete das Wort nicht nur „dunkelhäutig“, sondern wurde auch mit negativen Konnotationen wie „dumm“ und „töricht“ verbunden. Die Herkunft des Begriffs Mohr zeigt, wie tief verwurzelt und vielschichtig die Geschichte dieses Begriffs ist.
Historisch gesehen, stammt der Begriff aus dem Alt- und Mittelhochdeutschen und bezeichnete zunächst die Mauren Nordafrikas. Später weitete sich seine Bedeutung auf alle Menschen dunkler Hautfarbe aus. Interessanterweise war das Wort „Mohr“ bereits im Althochdeutschen des 8. Jahrhunderts für Bewohner Mauretaniens gebräuchlich, abgeleitet aus dem Lateinischen „Maurus“ und dem Altgriechischen „Mauros“. Diese frühen Bezeichnungspraxis formten die Grundlage für eine weitverbreitete, jedoch oft missverstandene oder missbrauchte Benennung.
Im 16. Jahrhundert wurde der Begriff Mohr schließlich verwendet, um Menschen afrikanischer Herkunft zu kategorisieren. Ein irritierender Punkt dabei ist, dass der Begriff, obwohl er historisch möglicherweise nicht als diskriminierend gemeint war, heutzutage aufgrund seiner Geschichte oft als beleidigend empfunden wird. Die fortwährende Diskussion über die Definition von Rassismus und die Veränderungen der gesellschaftlichen Wahrnehmung werfen ein neues Licht auf die Verwendung und die Notwendigkeit, sich der Herkunft des Begriffs Mohr bewusst zu werden.
Historische Ursprünge des Begriffs Mohr
Der Begriff Mohr hat seine etymologischen Wurzeln im Althochdeutschen und lässt sich auf den lateinischen Begriff Maurus zurückführen. Maurus bedeutete „Bewohner der nordafrikanischen Provinz Mauretanien“ und verweist auf die geographische Herkunft in Nordafrika. Auch die griechische Bezeichnung Mauros bedeutet „Bewohner Mauretaniens“ und unterstreicht die historischen Verbindungen zu dieser Region.
Im 16. bis 18. Jahrhundert wurde der Begriff Mohr im deutschen Sprachraum als Fremdbezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe verwendet, insbesondere aus Afrika. Historiker wie Anne Kuhlmann-Smirnov haben festgestellt, dass die Wahrnehmung dunkler Hautfarbe in dieser Zeit weniger auf körperlichen Eigenschaften basierte. Laut Jürgen Osterhammel wurde die Bevölkerung mit dunkler Haut von der weißen Mehrheitsgesellschaft nicht als „ganz Anderes“, sondern als „graduell Anderes“ wahrgenommen.
Ulrich van der Heyden betonte, dass der Begriff Mohr bis zur kolonialen Aufteilung Afrikas in den 1880er-Jahren nicht negativ konnotiert war. Erst in der religiösen Erbauungsliteratur des 17. Jahrhunderts nahm die Verwendung des Begriffs abwertende Züge an, beispielsweise um Ungehorsam und Faulheit zu beschreiben.
Das „Reale Staats- Zeitungs- und Conversations-Lexicon“ von 1711 beschreibt „Negres oder Mohren“ als „lasterhaft, wild, grausam und stark“, und der Jesuitenbrief von 1725 schildert Mohren als „grober, tummer, wilder und viehischer Art“. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts wurden solche Charakterisierungen häufiger, und der Begriff Mohr verfestigte sich als stereotype Bezeichnung für Menschen dunkler Hautfarbe. Nicolaus Hieronymus Gundling (1733) beschrieb Mohren als „schlimm“ und verglich sie mit „Affenmenschen“, was die abwertende Haltung dieser Zeit widerspiegelt.
Bedeutung des Begriffs im Mittelalter
Im Mittelalter erlebte der Begriff „Mohr“ eine weitreichende Verwendung und diente als allgemeiner Terminus für Menschen dunkler Hautfarbe. Diese Bezeichnung wurde jedoch nicht nur aufgrund der Hautfarbe verwendet, sondern auch aufgrund kultureller und religiöser Unterschiede, wie Historikerin Anne Kuhlmann-Smirnov in ihren Arbeiten betont. Der Begriff entwickelte sich als eine Form der graduellen Wahrnehmung von „Fremdheit“.
Der Mohr als Synonym für Menschen dunkler Hautfarbe
Der heilige Mauritius, dessen Name oft mit dem Begriff „Mohr“ verbunden wird, ist ein prominentes Beispiel für diese Entwicklung. Mauritius wurde im Mittelalter als bedeutender frühchristlicher Heiliger angesehen und in vielen mittelalterlichen Darstellungen aufgrund seiner dunklen Hautfarbe als exotische Figur verehrt. Diese Wahrnehmung war jedoch nicht negativ, wie man oft annimmt. Der Historiker Jürgen Osterhammel stellt fest, dass dunkle Hautfarbe eher graduell und nicht abwertend wahrgenommen wurde.
Verwendung in der Heraldik
Der Mohr in der Heraldik spielt eine bedeutende Rolle in der mittelalterlichen Symbolsprache. Wappen und Siegel, die Mohren darstellten, waren weit verbreitet. Diese Darstellungen dienten oft dazu, exotische oder entfernte Regionen zu symbolisieren, und erhielten manchmal glorifizierende Elemente. Allerdings war die Darstellung von Mohren in der Heraldik auch von Stereotypen geprägt. Diese bildlichen Darstellungen trugen zur kulturellen Manifestation der Verbindung zwischen dunkler Hautfarbe und bestimmten symbolischen Eigenschaften bei.
Zeit der Aufklärung und der Begriff Mohr
Während der Aufklärung im 18. Jahrhundert wurde der Begriff Mohr zunehmend in rassentheoretischen Diskursen verwendet. In dieser Epoche begannen europäische Philosophen und Wissenschaftler, verschiedene Menschengruppen auf der Basis von Hautfarbe und anderen physischen Merkmalen zu klassifizieren. Diese Rassentheorien führten zu einer hierarchischen Einordnung der sogenannten „Rassen“, wobei der Mohr oft auf einer niedrigeren Stufe angesiedelt wurde.

Solche Ideologien lieferte eine scheinbare wissenschaftliche Legitimation für Diskriminierung und Kolonialismus. Historische Berichte sowie literarische Werke des 18. und 19. Jahrhunderts zeigen, dass der Begriff Mohr oft austauschbar mit Neger verwendet wurde, was zur Verbreitung rassistischer Stereotypen beitrug.
Die Aufklärung brachte auch eine Zunahme an Völkerschauen, die zwischen 1870 und 1940 ihren Höhepunkt erreichten. Diese Schauen verstärkten die rassistischen Vorstellungen und stellten den Mohr in einer Weise dar, die die kolonialen Hierarchien und den Eurozentrismus unterstützten.
Einzelne Stimmen argumentierten gegen diese rassistischen Theorien und warnten vor den menschenfeindlichen Implikationen von Begriffen wie Mohr. Die kritische Auseinandersetzung mit diesen Theorien und deren Auswirkungen war jedoch oft unzureichend und trug zur Fortsetzung diskriminierender Praktiken bei. Bis heute wird der Begriff Mohr kontrovers diskutiert, da er stark mit diesen historischen und rassistischen Kontexten verknüpft ist.
Veränderungen im 19. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert veränderte sich die Wahrnehmung und Darstellung von Mohren in der europäischen Kultur signifikant. Diese Zeit war geprägt von sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Umwälzungen.
Kulturelle Veränderungen und Stereotypen
Die kulturellen Veränderungen des 19. Jahrhundert führten auch zu einer Verstärkung kultureller Stereotypen. Literatur und andere Medien trugen wesentlich dazu bei, stereotype und exotisierte Bilder von Mohren zu verbreiten. Dies war oft mit einer rassistischen und diskriminierenden Perspektive verbunden, die bereits vorhandene Vorurteile und rassistische Vorstellungen weiter verstärkte.
Begriffskonflikte und literarische Darstellungen
Gleichzeitig kam es zu erheblichen Diskussionen und Auseinandersetzungen um den Begriff und seine Verwendung. Die Literatur jener Zeit reflektierte diese Spannungen, indem sie sowohl die exotisierenden Stereotypen als auch kritische Perspektiven auf die rassistische und diskriminierende Natur des Begriffs aufgriff. Die Werke von Autoren wie Heinrich Heine und Theodor Fontane thematisierten diese Konflikte und trugen zu einer breiteren Diskussion über den Begriff und seine Implikationen bei.
Darüber hinaus erlebte die Gesellschaft im 19. Jahrhundert eine Veränderung in der Bevölkerung und wirtschaftlichen Struktur. Zwischen den 1840er und 1870er Jahren floss die Hälfte der gewerblichen Anlageinvestitionen in den Eisenbahnbau, und Städte wuchsen rasch, was einen Wandel in den sozialen und kulturellen Dynamiken zur Folge hatte.
Jahrhundert bis heute: Diskussionen und Debatten
Die Diskussionen um den Begriff „Mohr“ haben sich bis in die heutige Zeit fortgesetzt. In der Rassismusdiskussion wird auf die historische Bedeutung und den rassistischen Kontext hingewiesen, der seit über 600 Jahren besteht. Insbesondere die rassistische Konnotation des Wortes steht im Fokus öffentlicher Debatten und wissenschaftlicher Diskussionen.
Diskussion um die rassistische Konnotation
Ein prominentes Beispiel ist die Debatte um den Namen des Hotels „3 Mohren“ in Augsburg. Im Juli 2023 startete die Augsburger Jugendgruppe von Amnesty International eine Petition zur Umbenennung des Hotels in „3 Möhren“. Diese Diskussion ist Teil einer längerfristigen Auseinandersetzung über kulturelle Repräsentation und Rassismus in Deutschland.
Zudem wurde der Sarotti-Mohr, eine bekannte Figur in Deutschland, vor über 10 Jahren in einen goldfarbenen „Sarotti-Magier“ umgewandelt, um kolonialistische Stereotype zu durchbrechen. Das Logo des Hotels „3 Mohren“ wird weiterhin als rassistisch wahrgenommen, da es auf stereotype Darstellungen von Menschen mit dunkler Hautfarbe zurückgreift.
Wirtschaftliche und kulturelle Nutzung
Die wirtschaftliche und kulturelle Repräsentation des Begriffs und seiner Symbole führen zu öffentlichen Kontroversen. In Deutschland ist die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit erst in den letzten Jahren intensiviert worden, während andere Länder wie Kanada, die USA und Großbritannien in diesen Debatten weiter fortgeschritten sind. Die Schokoladenmarke Sarotti hat sich diesen Änderungen angepasst und seit 2004 ist der „Sarotti-Mohr“ offiziell nicht mehr als Markenzeichen verwendet.
Solche Moderne Debatten sind wichtig im Kontext einer zunehmend vielfältigen Gesellschaft in Deutschland. Veranstaltungen wie „Kein Platz für Rassismus“ in Mannheim und Forderungen wie die Umbenennung der „Mohren-Apotheken“ in Frankfurt markieren den fortlaufenden Dialog und die wachsende Sensibilität gegenüber rassistischer Symbolik.
Der Begriff „Mohrenkopf“ und seine Kontroversen
Der Begriff „Mohrenkopf“, ursprünglich für eine beliebte Süßigkeit verwendet, ist mittlerweile Gegenstand hitziger Kontroversen geworden. Besondere Aufmerksamkeit erhielt die Debatte, nachdem der Duden den Begriff seit 2012 als potenziell diskriminierend markiert hat. Diese Diskussion hat historische Wurzeln und reicht zurück bis in das späte 19. Jahrhundert, als der Begriff ursprünglich aus Frankreich stammte und als „tête de nègre“ bekannt war. Trotz seiner langen Geschichte wird der Begriff heute als problematisch gesehen und es gibt wachsende Forderungen nach einer Namensänderung zu neutraleren Bezeichnungen wie „Schokokuss“.
Einer der zentralen Aspekte dieser Kontroverse ist der dem Begriff zugrundeliegende rassistische Unterton. Ein Blick in das Idiotikon der Schweiz zeigt, dass „Mohr“ als Synonym für „Neger“ steht – ein Wort mit klar rassistischer Konnotation. Dies wird auch durch die historische Figur des „Mohrenkopfes“ verdeutlicht, die im Spätmittelalter als Eroberungstrophäe von christlichen Adeligen genutzt wurde, um die damaligen nordafrikanischen Mauren zu demütigen.
Die Diskussion um den Mohrenkopf und seine rassistischen Implikationen wird jedoch nicht nur von den betroffenen schwarzen Gemeinschaften geführt, sondern vorwiegend von nicht-betroffenen Personen, meist weißen Menschen. Ein prominentes Beispiel ist Roland Kaisers „Alles O.K.!“-Tour, während der er 2023 erneut unter Beschuss geriet, weil er den Begriff verwendete. Die ARD kritisierte ihn scharf, was wiederum die Debatte über sogenannte „Cancel Culture“ anheizte. Diese Vorfälle machen deutlich, wie tief verwurzelt rassistische Begrifflichkeiten noch immer in unserer Alltagssprache sind und unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer bewussten und respektvollen Sprachverwendung.
Angesichts dieser Tatsachen ist die Umbenennung von störenden Begriffen entscheidend für eine inklusive und respektvolle Gesellschaft. Traditionen müssen überdacht werden, wenn sie andere Menschen verletzen oder demütigen. Die Benennung von Süßwaren mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, aber sie reflektiert eine tiefere gesellschaftliche Haltung gegenüber Minderheiten und kultureller Sensibilität. Ein Umdenken und die Einführung von Begriffen wie Schokokuss könnten den ersten Schritt zu einer bewussteren und respektvolleren Sprache darstellen.